Reitkunst Wörterbuch

  • Bodenarbeit
    Das Pferd lernt sich führen zu lassen. Das Pferd lernt erste Komandos und Lektionen vom Boden aus. Das Pferd wird durch verschiedene Trailhindernisse geführt. Das Pferd soll dadurch Gehorsam und Gelassenheit bekommen.
  • Einreiten
    Das Pferd wird an Sattel und Reitergewicht gewöhnt. Das Pferd lernt sich vom Sattel aus führen zu lassen. Erstes Anhalten und Lenken vom Sattel aus. Am sichersten ist das Einreiten an der Longe.
  • Seitengänge
    Bei den Seitengängen läuft das Pferd auf zwei Hufschlägen. Je nach Abstellung spricht man von Seitengängen auf 3 oder 4 Hufschlägen.
  • Longe
    Längeres Führseil, meistens aus Gurtmaterial zum Longiern des Pferdes.
  • Longenarbeit, Longieren
    Das Pferd wird an einer langen Führleine, der Longe im Kreis, um den Ausbilder herum bewegt. Sinnvolle Longenarbeit ergänzt die Arbeit unter dem Sattel, bzw. bereitet das Pferd aufs Einreiten vor.

Begriffsdefinition:

  • Tempo
    Das Pferd kann sich innerhalb einer Gangarten in verschiedenen Tempi bewegen. Der Reiter muss dafür sorgen, dass das Tempo gleichmässig ist. Er kann das Tempo beschleunigen oder verlangsamen. Das Pferd darf die Geschwindigkeit nicht von selbst verändern, sondern soll das Tempo beibehalten, welches der Reiter vorgibt. Jedes Pferd hat ein Tempo, in dem es es optimal und effektiv bewegt. In diesem Tempo sollte die Ausbildung erfolgen.
  • Tempowechsel
    Ist das Pferd in seinem Tempo gefestigt, so kann man beginnen das Tempo innerhalb einer Gangart zu beschleunigen und zu versammeln. Dies darf nicht übertrieben werden, sondern richtet sich nach dem Vermögen des Pferdes. Wird das Pferd zu versammelt, so geht das Vorwärts verloren, beschleunigt man das Tempo zu stark, geht die Losgelassenheit verloren. Nur so viel zulegen, wie man wieder versammeln kann und nur soviel versammeln wie man wieder vorwärts reiten kann.
  • Takt
    Der Takt bedeutet das Gleichmass der Bewegung innerhalb einer Gangart. Man sagt, dass Pferd ist im Takt. Es gibt Gangarten im 4-Takt, 3-Takt und 2-Takt. Der Reiter kann den Takt innerhalb einer Gangart erhöhen oder erniedrigen. Das Pferd darf den Takt nicht selbstständig ändern, sondern soll den Takt, der vom Reiter vorgegeben wird, beibehalten.
  • Reitertakt
    meint einen Reiter, der in der Lage ist sich in sein Pferd einzufühlen und Pferdegerecht mit ihm umgeht.
  • Schwung
    meint häufig das Vorwärtsreiten, welches oft verwechselt wird mit dem unerwünschten Schieben der Hinterbeine gegen die aushaltende Hand. Dies erzeugt Spannung aber keine Losgelassenheit.
    Im Klassischen Sinne meint es das aktive Treten der Hinterbeine bei losgelassen schwingendem Rücken und ist unabhängig vom Tempo.
  • Losgelassenheit
    Durch das Untertreten der Hinterbeine kommt der Rücken wieder in seine normale Lage, wo er aktiv schwingt.
    Ein entspanntes (losgelassenes) Pferd ist auch mental entspannt, also losgelassen. Das Gegenteil von Losgelassenheit ist Spannung. Ein losgelassenes Pferd lässt sich, durch die Hilfen, führen und in schwierigen Situationen kontrollieren.
  • Durchlässigkeit
    Ein Pferd, welches die Reiterhilfen befolgt, also die Hilfen durchlässt (annimmt), ist Durchlässig.
  • Gleichgewicht
    Es gibt ein natürliche und ein angerittenes Gleichgewicht. Ist das Pferd im Gleichgewicht, bewegt es seine Muskeln effektiv. Ein Pferd im Gleichgewicht lässt sich durch minimale Hilfen beschleunigen oder verlangsamen. Ein Pferd welches physisch (körperlich) im Gleichgewicht ist, kommt auch mental (psychisch) ins Gleichgewicht.
  • Gehorsam
    Ein Pferd ist ein grosses, starkes Tier, weswegen es gut erzogen werden sollte. Es darf seinen Menschen weder anrempeln, noch darf es bestimmen, wo es mit seinem Menschen hinlaufen möchte. Es soll geduldig am Anbinder oder beim Aufsteigen stillstehen und seinem Menschen überall hin folgen.
    Der Mensch bestimmt Tempo, Gangart und Richtung. Nur so ist es möglich, dass das Pferd sich führen lässt.
    Gehorsam am Boden ist Voraussetzung dafür, dass es auch unter dem Sattel gehorcht.
  • Motivation
    Hier ist der Reiter als Padagoge gefragt, das Pferd zur freudigen Mitarbeit zu motivieren. Er darf das Pferd weder über noch unterfordern, damit es mit Freude seine Arbeit verrichtet.
  • Vorwärts-Abwärts
    Indem der Reiter die Hinterbeine zum vermehrten Untertreten animiert, dehnt sich die Oberline. Kopf und Hals suchen dadurch vermehrt abwärts. Das Pferd braucht nur eine relative Dehnungshaltung einzunehmen. Es sollte nicht mit dem Kopf zu tief kommen, um die Vorderbeine nicht unnötig zu belasten.
  • Vorwärts-Aufwärts
    Ist das Pferd nachgiebig zur Hand im Vorwärts-Abwärts und wird das Pferd über den Sitz mehr versammelt, soll das Pferd weiterhin jederzeit nachgiebig zur Hand sein, als abwärts suchen, wenn die Hand nachgibt.
    Vorwärts-Aufwärts meint, daß das Pferd auch in relativer oder maximaler Versammlung immer zur Hand hin sucht.
  • Geraderichten
    Geraderichten bedeutet gleichmässige Belastung der inneren und äusseren Beinpaare (Seunig).
  • Aufrichtung
    relative Aufrichtung

    Das Pferd beugt insbesondere durch die Ausbildung in den Seitengänge seine Hüft- Knie- und Sprunggelenke der Hinterbeine stärker. Dadurch wird es hinten tiefer und richtet sich vorne höher auf.
    aktive Aufrichtung
    Wird durch die Reiterhand erzeugt. Sie birgt die Gefahr, dass zu früh aufgerichtet wird, ohne dass die Hinterbeine schon in der Lage sind die vermehrte Last zu tragen. Oft kommt das Pferd vorne dabei zu hoch und der Rücken hängt durch.
  • Hankenbiegung
    Meint die Winkelung der Hüft- Knie- und Sprunggelenke der Hinterbeine, welche durch die Ausbildung stärker gebeugt werden sollen, um die schwächeren Vorderbeine zu entlasten.
    Abstellung
    in den Seitengängen meint es den Winkel, den der Pferdekörper zum Hufschlag hin, einnimmt. Dieser Winkel darf maximal 45 Grad betragen.
  • Stellung
    meint, die Plazierung des Genicks zur Hüfte, d.h. ist das Pferd nach links gebogen, muss auch das Genick nach links gestellt sein. Ist der Hals nach links gebogen ist nicht zwangsläufig das Genick auch nach links gebogen. Es ist Sache des Reiters, das Genick richtig zu plazieren.
  • Biegung
    Das Pferd ist in seiner Längsachse gebogen. Die Biegung soll der gerittenen Hufschlagfigur entsprechen. Es gibt eine hohlgebogene und eine vollgebogene Seite. Bei der hohlgebogenen Seite spricht man von Innen, bei der vollgebogenen Seite von Aussen.
  • Selbsthaltung
    Das Pferd trägt sich selber in einer für ihn schonenden Haltung mit schwingendem Rücken. Es gibt eine natürlich Selbsthaltung, die ein Pferd mit Gepäck oder mit einem geschmeidig sitzenden Reiter, der keine Hilfen gibt und sich durchs Gelände transportieren lässt, von selber einnimmt, und es gibt eine angerittenen Selbsthaltung, die der Reiter durch seine Hilfen formt. Dies setzt einen ausgebildeten Reiter voraus, der dazu in der Lage ist, ohne dem Pferd auf Dauer Schaden zuzufügen.
  • Biegsamkeit
    Es gibt die seitliche Biegsamkeit im Körper und es gibt die Biegsamkeit der Gelenke, insbesondere der Hinterbeine. Durch die Gymnastizierung soll das Pferd mehr und mehr Geschmeidigkeit erlangen.
    Ganze Paraden
    Die Ganzen Paraden dienen dem Anhalten des Pferdes. Zügel und Schenkelhilfen werden gleichzeitig gegeben.
  • Halbe Paraden
    Die Halben Paraden werden einseitig gegeben und wirken auf das jeweilige Hinterbein. Sie dienen dem Lösen und dem Versammeln des Pferdes. Ausserdem können sie zum verlangsamen des Tempos und dem Durchparieren in eine niedrigere Gangart eingesetzt werden.
  • Formgebung
    Hiermit ist gemeint, dass der Reiter dem Pferd eine gute Form in Oberlinie gibt. Durch das Untertreten der Hinterbeine wird die gesamte Oberlinie des Pferdes gedehnt. Dies ist unabhängig vom Versammlungsgrad.
  • Rückentätigkeit
    Indem das Pferd von hinten nach vorne geritten wird (Untertreten der Hinterbeine) kommt der Rücken in seiner normalen Lage zum Schwingen. Jedes Pferd, welches seine Rücken- und Bauchmuskeln dynamisch an und abspannt, trägt über den Rücken und wird bequem zu sitzen. Junge Pferde sind meistens zu Anfang bequem. Unbequem werden sie oft erst duch falsche Ausbildung.
  • Sitz
    Es gibt je nach Reitdisziplin unterschiedliche Sitzformen, z. B. Springsitz, Rennsitz,  Dressursitz, Entlastungssitz, Belastungssitz.
    Der Akademische Sitz ist ein 4 Punkt Sitz. Der Reiter hat die Belastung auf den Sitzbeinhöckern und den Steigbügeln. Auch der Akademische Sitz passt sich dynamisch den Gegebenheiten des Pferdes an. Einen Rücken der nicht trägt (schwingt), darf ich nicht durch aussitzen belasten. Besser als Leichtzutraben, wäre es dann, in einen leichten Entlastungssitz zu wechseln. Ziel ist es den Rücken des Pferdes zum Schwingen zu bringen und dann, mit einem geschmeidigen Sitz, auszusitzen.
  • Leichttraben
    Beim Leichttraben steht der Reiter abwechselnd im Sattel auf und setzt sich wieder.
    Das Leichttraben ist bei der Akademischen Reitweise überflüssig, vorrausgesetzt der Reiter beherrscht den Entlastungssitz. Der stört das Pferd viel weniger. Leichttraben benötigt man im Gelände, wenn das Tempo zu hoch wird und man deswegen nicht mehr aussitzen kann. Korrektes, pferdeschonendes Leichttraben wird durch Abstützen in Steigbügel, Knie und Oberschenkel geritten, um die Wirbelsäule des Pferdes zu entlasten. Das Gesäss bleibt möglichst dicht am Sattel. Stützt man sich nur im Steigbügel ab, geht der Druck über die Steigbügelaufhängung direkt auf den zu entlastenden Rückenmuskel.
  • Hilfen
    Es gibt Sitzhilfen, Zügelhilfen, Schenkelhilfen, Stimmhilfen, Gertenhilfen, Sporenhilfen. Bei den Schenkelhilfen unterscheidet man Kniedruck, Wadendruck und Bügeltritt. Die Sporenhilfe ist, richtig eingesetzt, eine verfeinerte Schenkelhilfe.
  • Gangarten
    Schritt, Trab, Galopp, Tölt und Varianten, Pass
    Schritt und Tölt ist ein 4-Takt, Trab und Pass ein 2-Takt und Galopp ein 3-Takt.
    Schulgalopp ist ein Galopp im 4-Takt.
  • Ausbildung Pferd
    Die Ausbildung eines Hohe Schule Pferdes dauert etwa 6 – 8 Jahre. Die ersten 2 Jahre davon ist die Grundausbildung, die jedes Pferd, egal welcher Reitweise absolvieren sollte. Danach erst erfolgt die Spezialisierung. Die Zeitangaben setzen ein fast tägliches Training voraus. Wird seltener trainiert, verlängert sich die Ausbildungsdauer entsprechend.
  • Ausbildung Reiter
    Die Grundausbildung eines Reiters dauert ca. 4 Jahre.
    Die Schulung des Akademischen Reiters dauert ebenfalls nochmals mindestens 6 Jahre. Auch danach hört das Lernen nicht auf und man entwickelt sich, mit entsprechendem Unterricht, immer weiter fort.
  • Hohe Schule der Reitkunst
    Die Hohe Schule der Reitkunst hat ein Pferd zum Ziel, welches sich in allen Gangarten und Lektionen einhändig blank reiten lässt. Das Pferd lässt sich gehorsam vom Reiter zwischen den Hilfen führen und ist stets nachgiebig zur Hand. Im Idealfall werden die Hilfen dabei nahezu unsichtbar. Es ist ein Irrglaube, daß der Reiter keine Hilfen mehr gibt, weil sie für den Betrachter nicht mehr sichtbar sind, sondern das Pferd befogt ganz viele kleine Signale vom Reiter.
  • Schulen auf der Erde
    Zu den Schulen auf der Erde zählen die Lektionen Zirkel, Volten, Schlangenlinien, Anhalten, Rückwärtsrichten, Schulterherein, Kruppeherein (Travers), Traversale, Renvers, ggf. Konterschulterherein. Alle Lektionen in allen Gangarten geritten. Piourette (ganze und halbe), Piaffe, Passage, Fliegende Wechsel.
  • Schulen über der Erde
    Aus der Piaffe entwickelt sich die Levade und daraus alle Lektionen über der Erde. Pesade, Terre a Terre, Courbette, Balotade, Croupade und die Kapriole (die Königsdisziplin).
  • Levade
    Bei der Levade erhebt sich das Pferd mit tief untergesetzten Hinterbeinen. Das Pferd soll möglichst tief mit angewinkelten Vorderbeinen levadieren. (von elevare sich erheben)
  • Pesade
    Erhebt es sich höher, so nennt sich die Levade Pesade. Sind die Vorderbeine nicht parallel angewinkelt, dann ist es keine Levade oder Pesade, sondern ein Steigen und ein Ungehorsam des Pferdes.
  • Falkade
    Kommt beim Galopp auf der Stelle die Vorhand etwas höher, so nennt man das Falkade. Sie kann als Vorstufe zum Terre à Terre oder der Pesade genutzt werden.
  • Terre à Terre, Mézier, Redopp
    Entwickelt sich aus der Levade, Levade ein (Galopp-)Sprung und wieder Levade, usw.. Oder auch Levieren mit Raumgewinn. Der Terre à Terre ermöglicht eine viel höhere Beweglichkeit in alle Richtungen, als der Galopp. Der Terre à Terre kann vorwärts, seitwärts und rückwärts geritten werden. Dadurch erhält man grösste Wendigkeit im Nahkampf. Daher war früher der Terre à Terre das Ausbildungsziel im Galopp und wird auf den alten Stichen auch so dargestellt. Im Terre à Terre sind die Vorderhufe leicht versetzt.
    Im Mézier sind alle Beinpaare nebeneinander. Ein besonders erhabenes Mezair bezeichnet man als Courbette. Den Terre à Terre findet man auch unter der Bezeichnung Redopp.
  • Carriere
    Die Carriere entwickelt sich aus dem Terre à Terre. Aus dem Terre à Terre wird duch Abdrücken mit beiden Hinterbeinen maximale Beschleunigung erzeugt. Die Carriere diente dem Angriff.
    Schulen über der Erde:
  • Croupade
    Aus der Levade springt das Pferd in die Höhe. Die Hinterbeine sind dabei angezogen. Die Croupade ist die Vorstufe der Courbette. Der Körper bleibt dabei eher waagerecht.
  • Courbette
    Springt es dabei vorwärts, nennt sich der Sprung Courbette. Der Körper ist höher aufgerichtet als in der Croupade. Es gibt die erhobene und die gesetzte Courbette (in Levadenstellung).
  • Ballotade
    Die Ballotade ist wie die Croupade, jedoch zeigt das Pferd beim Sprung die Hintereisen.
  • Kapriole
    Wird das Pferd in der Ballotade zum Ausschlagen gebracht, entsteht die Kapriole. Die Kapriole ist eine Waffe und sollte wirklichen Könnern überlassen bleiben.

Der Inhalt des Hippologischen Wörterbuchs beruht auf meinem persönlichen Wissen und dem meiner Vorbilder und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, Richtigkeit oder Allgemeingültigkeit.
© Heike Bester-Dassler